Wie COVID-19 das betriebliche Gesundheitsmanagement verändert

Die strategische und nachhaltige Förderung der Gesundheit im Unternehmen spielt bei der Suche nach Mitarbeitenden eine wichtige Rolle. Vor dem Ausbruch von COVID-19 standen eher Präventionsthemen wie Rückenfitness auf dem Programm. In vielen Unternehmen spielte das Thema Gesundheit eine untergeordnete Rolle. Nun liegt der Fokus auf der physischen und psychischen Gesundheit der Teams. Auf dem Programm stehen Angebote zu Fitness und Ernährung sowie Achtsamkeit und Stressbewältigung. Apps und Onlineprogramme sind hilfreich und lassen sich auf die individuellen Bedürfnisse einer Branche oder Firma zuschneiden.

Der Pharmakonzern Novartis erklärt gegenüber der Neuen Zürcher Zeitung, dass seine Mitarbeitenden über Isolation und fehlende persönliche Kontakte klagen.

Das Beratungs- und Prüfunternehmen PwC hat seine schweizerischen Mitarbeitenden befragt und bei vielen eine emotionale und mentale Ermüdung durch die Pandemie festgestellt.

Beide Konzerne unterstützen ihre Mitarbeitenden mit Erste-Hilfe-Kursen für die psychische Gesundheit. Dabei differenziert PwC sein Training für die mentale Gesundheit in ein Angebot für Führungskräfte und eines für alle weiteren Mitarbeitenden. Online-Yoga oder Webinare zu Ernährung und Gewichtskontrolle kommen ebenfalls gut an. Selbstverständlich geht es den Unternehmen dabei in erster Linie darum, die Leistungsfähigkeit der Angestellten zu unterstützen.

Arbeiten in der Pandemie

Georg von Krogh ist Professor für Strategisches Management und Innovation an der ETH Zürich. Neben der individuellen Belastung der Mitarbeitenden sieht er die Innovationskraft von Unternehmen durch die Pandemie gefährdet.

Es zeigt sich, dass trotz vermehrter Anstrengungen der Unternehmen die Arbeitszufriedenheit leidet. Wer weniger zufrieden ist, bringt nicht mehr so häufig neue Ideen ein. Haben die Mitarbeitenden das Gefühl, dass sich ihr Arbeitgeber um ihre Gesundheit kümmert, sind sie motivierter, kreativer und engagierter. Durch die engere Verbundenheit mit dem Unternehmen sinkt die Fluktuation.

Grosse Konzerne hatten meist schon vor COVID-19 Programme, um die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden - und damit ihre Zufriedenheit - zu fördern. Bei ihnen geht es heute darum, die Angebote weiter zu digitalisieren und auf die neuen Rahmenbedingungen zuzuschneiden.

Effizientes Gesundheitsmanagement in KMUs

Wie gehen KMUs mit der physischen und psychischen Belastung ihres Teams durch die Coronakrise um?

Die Fröhlich Architektur AG war für die Herausforderungen des Jahres 2020 vergleichsweise gut gewappnet. Seit 2017 ist das KMU das kleinste Unternehmen der Schweiz mit dem Qualitätssiegel „Friendly Work Space“. Das Zertifikat wird an Unternehmen verliehen, die systematisch ihr betriebliches Gesundheitsmanagement optimieren. Die Unternehmen profitieren auf verschiedene Weise von ihrem Engagement für die Gesundheit des Teams. Das schweizerische Bundesamt für Statistik führt 77 Prozent der Absenzen auf Krankheit oder Unfälle zurück. Sinken durch Massnahmen die Absenzen, spart das Unternehmen Kosten für Aushilfen. Durch geringere Ausfälle kommt es nicht zu Engpässen und die übrigen Mitarbeitenden werden nicht überlastet.

Der Effekt wirkt zudem nachhaltig. Profitieren die Mitarbeitenden von einer stressfreieren Arbeitsumgebung, sind sie motivierter, produktiver und kreativer sowie loyaler. Auf die Arbeitgebermarke zahlt die Auszeichnung gleichfalls ein. Das kann in der Konsequenz die Gewinnung neuer Mitarbeitenden erleichtern.

Wer seinem Team die Arbeit im Homeoffice ermöglicht, schützt die Angestellten vor dem Coronavirus. Zu Hause fehlen mitunter der ergonomisch hochwertige Bürostuhl und die passende Beleuchtung oder es mangelt an der ruhigen Umgebung. Zudem lässt sich der bisherige Büroalltag nicht 1 zu 1 in die heimischen Räume übertragen. Das Teamgefühl leidet und die Belastung durch Homeschooling und fehlende Freizeitaktivitäten nimmt zu. Daher sollte die direkte Kommunikation über Telefonate und Videocalls nicht zu kurz kommen. Für den Umgang mit digitalen Tools können die Unternehmen Schulungen und Ansprechpartner bieten. Damit verhindern sie, dass sich Mitarbeitende mit der neuen Technik überfordert fühlen. Regelmässige positive Impulse per E-Mail können der Stimmung förderlich sein oder ein Feelgood-Manager plant regelmässig Team-Events.

Die physische und psychische Gesundheit des Teams fördern

Entfällt im Homeoffice der Weg zum Arbeitsplatz, fällt es manchen Menschen schwer, sich ausreichend zu bewegen. Hier können Challenges einen Anreiz setzen. Teams zählen und sammeln gemeinsam mithilfe einer App ihre Schritte. Das Team mit den meisten Schritten pro Woche oder Monat gewinnt einen Preis. Alternativ legen alle Mitarbeitenden in einer Strecken-Challenge eine fiktive Strecke zurück. Das könnte die Entfernung zwischen zwei Standorten des Unternehmens sein.

Das Technologieunternehmen Dacadoo aus Zürich bietet Unternehmen spielerische Lösungen per App an, um die Mitarbeitenden zu motivieren, sich mehr zu bewegen. Durch die zurückgelegten Schritte steuern die Spielenden Ziele auf einer virtuellen Karte an und sammeln dabei Punkte.

Anleitungen für Yoga, Mediation oder Rückengymnastik helfen, die Belastung durch zu viel Sitzen und fehlende ergonomische Arbeitsplätze zu Hause zu kompensieren. Neben körperlichen Aspekten kann nicht jeder gut abschalten, wenn Arbeit und Privatsphäre räumlich kaum noch getrennt sind. Daher helfen Anleitungen, wie sich der Arbeitstag einleiten und beenden lässt. Auch können Absprachen helfen, die E-Mails ausserhalb von Kernzeiten verhindern. Dabei sind individuelle Lösungen wichtig, denn für Eltern ist es mitunter unumgänglich, am Abend noch arbeiten zu können. Führungskräfte sollten daher während der Pandemie besonders wertschätzend und aufmerksam kommunizieren. Durch vertrauensvolle und offen geführte Gespräche lassen sich Stress und Sorgen identifizieren und durch geeignete Massnahmen reduzieren.

Die Beispiele zeigen, dass Gesundheitsmassnahmen nicht teuer sein müssen. Das Architekturbüro Fröhlich startete mit Beratungen zu Ernährung und Ergonomie. Heute noch werden diese Themen im Unternehmen angeboten.

Auch nach dem Ende der Pandemie wird das betriebliche Gesundheitsmanagement wichtig bleiben. Wer als Arbeitgeber in der Krise ein gutes Gesundheitsmanagement gezeigt hat, kann von loyalen und produktiven Mitarbeitenden profitieren. Daher bleiben Remote-Sport und Remote-Networking langfristig wichtig, denn das (teilweise) mobile Arbeiten wird bleiben.

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