Der optimale Arbeitsplatz zwischen Kommunikation und Rückzugsinsel

Die Gestaltung von Arbeitsplätzen unterliegt einem steten Wandel. In den späten 1960er Jahren gab es die ersten Grossraumbüros, um teure Flächen effizienter zu nutzen. Führungskräfte behielten zumeist ihre Einzelbüros und achteten darauf, dass sich ihr Status weiter in der Raumgrösse widerspiegelt.

Häufige Kritikpunkte an Grossraumbüros sind die Ansteckungsgefahr bei Erkältungswellen, der Lärmpegel sowie Licht, Luft und Temperatur. Sitzen zwei oder drei Menschen in einem Büro, einigen sie sich unkompliziert, wie warm sie die Heizung stellen und wie oft sie lüften. Bei 20 oder 40 Menschen gestalten sich die Fragen weit schwieriger. Konzentriertes Arbeiten ist bei den visuellen und akustischen Störungen im Grossraumbüro manchmal nur schwer möglich. Spezielle Teppichböden reduzieren den Schall und Headsets sowie akustische Telefonsignale verringern weitere Ablenkungen. Gehen die Kollegen rücksichtsvoll miteinander um, lässt sich das Zusammenarbeiten noch angenehmer gestalten.

Unterschiedliche Bedürfnisse im Grossraumbüro

Im Durchschnitt kommen jüngere Mitarbeitende mit der offenen Raumarchitektur besser klar, da sie gewohnt sind, mobil und flexibel zu arbeiten und sich im Team auszutauschen. Ältere Mitarbeitende kennen mitunter nur kleine Büros, sodass die Unternehmen ihre Bedürfnisse nicht vergessen sollten.

Für hochsensible Mitarbeitende ist das Arbeiten in einem Grossraumbüro schwierig bis unmöglich. Sie nehmen Geräusche, Gerüche und optische Reize stärker und störender wahr als normal sensible Menschen. Daher brauchen sie regelmässig die Möglichkeit, sich zurückzuziehen oder im Home Office zu arbeiten. Das schweizerische Bundesverwaltungsgericht entschied kürzlich zugunsten einer Bundesangestellten, die ärztlich testiert bekam, dass sie die Arbeit im Grossraumbüro krankmacht. Als hochsensibel gelten 15 bis 30 Prozent der Bevölkerung.

Statt nur Kosten zu sparen, stellt sich vielmehr die Frage, welche Arbeitsumgebung den Wissensaustausch, Produktivität und Innovation am besten fördert. Andernfalls spart am Ende das Grossraumbüro zwar Mietkosten, erhöht aber gleichzeitig die Fluktuation.

Home Office und Open Space

Mit Laptop und Handy wurden die ersten Mitarbeitenden um die Jahrtausendwende von zu Hause tätig. Die Geburtsstunde des „Home Office“ unterstützte auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf junger Eltern. Mit Videokonferenzen und Datenaustausch über die Cloud gibt es nur noch wenige Gründe, die gegen das gelegentliche Arbeiten von zu Hause sprechen.

Wer häufig von zu Hause oder vor Ort beim Kunden arbeitet, muss nicht dauerhaft teure Quadratmeter in der Innenstadt blockieren. Insbesondere Beratungsunternehmen sind Vorreiter bei der flexiblen Nutzung von Arbeitsplätzen. Dabei checken die Mitarbeitenden morgens ein und gehen mit ihrem Rollcontainer zu einem freien Schreibtisch. Das setzt voraus, dass nicht zu knapp kalkuliert wird und es zu keinen Wartezeiten kommt. Zudem müssen sich alle an die Spielregeln halten und ihren temporären Arbeitsplatz am Abend aufgeräumt und sauber hinterlassen.

New Work im neuen Grossraumbüro

Durch Digitalisierung, New Work und Ansätze wie Design Thinking wird die Hierarchie übergreifende Zusammenarbeit von Mitarbeitenden unterschiedlicher Abteilungen wichtiger, um innovativ zu bleiben. Das offene und interdisziplinäre Grossraumbüro scheint die ideale Umgebung für ein kreatives und agiles Miteinander und den schnellen Ideenaustausch. Durch kleine Besprechungsräume, Rückzugsflächen und gemütliche Ecken passt sich die Arbeitsumgebung flexibel der jeweiligen Aufgabe an und ergänzt die Arbeitsplätze im Grossraumbüro.

Mit der entsprechenden Technik ausgestattet nutzen die Mitarbeitenden diese Bereiche für Meetings oder um sich ungestört zu konzentrieren. Rückzugsorte sind wichtig, damit die Mitarbeitenden zufrieden und ausgeglichen bleiben, trotz vieler Kolleginnen und Kollegen auf engem Raum. Der Hersteller von Laufschuhen On Running geht in Zürich noch einen Schritt weiter und richtete einen schallgeschützten Raum ein, den er „Black Out Room“ nennt.

Wohin geht die Reise?

Es gibt nicht die eine optimale Lösung für alle: Die Mitarbeitenden sollten gehört werden und sich mit ihren Wünschen und Vorstellungen in die Planung einbringen. Arbeitet die Führungsetage weiter in Einzelbüros, lässt sich der Wandel zum Open-Space-Konzept schwer vermitteln: Der Ansatz muss von allen gelebt werden. Moderne Raumkonzepte bieten neben den normalen Arbeitsplätzen Bereiche der Kommunikation und stille Rückzugsinseln ermöglichen, hoch konzentriert und ungestört zu arbeiten. Die ideale Arbeitsumgebung wird unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht und das Arbeiten von zu Hause sollte ergänzend möglich sein.

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