Zielgerichtetes Onboarding – damit neue Mitarbeiter bleiben

Unternehmen investieren viel Aufwand in die Rekrutierung von Fach- und Führungskräften. Hat ein passender Kandidat einen Arbeitsvertrag unterschrieben, ist die Freude gross. Allerdings vergessen viele, dass neue Mitarbeiter eingearbeitet werden müssen. Sie riskieren, ihre neuen Mitarbeiter bereits kurz nach der Einstellung wieder zu verlieren. Damit dies nicht der Fall ist, müssen sie sie systematisch „an Bord“ holen. Onboarding heisst dieser Prozess.

Onboarding bezeichnet das Einstellen und die Aufnahme neuer Mitarbeiter sowie sämtliche Massnahmen, welche die Eingliederung in das Unternehmen fördern. Es kann in drei bis vier Phasen unterteilt werden. Haufe zufolge ist der erste Abschnitt das Preboarding – die Zeitspanne von der Unterzeichnung des Arbeitsvertrages bis zum ersten Arbeitstag. Daran schliesst sich vom ersten Arbeitstag bis zum dritten Monat die Orientierungsphase an, bevor die Integrationsphase folgt. Diese dauert bis zum sechsten oder sogar bis zum zwölften Monat. In jedem dieser Zeiträume gilt es, den neuen Mitarbeiter zielgerichtet zu unterstützen.

Begleitung in allen Phasen

Im Zuge des Preboardings bedeutet das, dem künftigen Beschäftigten zum Beispiel wichtige Informationen zuzusenden, Arbeitsmittel zu organisieren und den Arbeitsplatz zu gestalten, sodass er an seinem ersten Arbeitstag über ein Telefon verfügt, einen E-Mail-Account sowie Schlüssel hat. Auch die Kollegen sollten über den Stellenantritt informiert werden. Tritt der neue Mitarbeiter dann seinen Job an, sollte er unbedingt freundlich begrüsst und dem Team vorgestellt werden. Auch ein Gespräch mit dem Vorgesetzten gehört dazu, ebenso wie das Kennenlernen des Arbeitsplatzes, das Erklären der Arbeitsabläufe einschliesslich der Tätigkeiten und das Übergeben von Schlüsseln, Informationsmaterial, Zugangsdaten & Co. Als hilfreich erwiesen hat es sich, wenn ein Pate oder Buddy den neuen Kollegen begleitet. In den nächsten Wochen sollte der neue Mitarbeiter einen umfassenderen Überblick über Dienstleistungen, Produkte sowie Abläufe erhalten und zunehmend komplexere Aufgaben erledigen können. Währenddessen sind regelmässige Gespräche mit dem Vorgesetzten über gegenseitige Erwartungen angesagt. In der dritten Phase schliesslich folgen weitere Wissensvermittlung, eine tiefere Teamintegration durch gezieltes Teambuilding, die Mitarbeit in Arbeitsgruppen und an Projekten sowie Angebote zu Fortbildungen und zum beruflichen Netzwerken. Feedbackgespräche runden die Massnahmen ab.

Fehler und ihre Folgen

Bei den verschiedenen Schritten können Unternehmen noch vieles verbessern. Das zeigt die aktuelle Onboarding-Umfrage von Haufe. Ihr zufolge kündigen 28 Prozent der neu eingestellten Mitarbeiter ihr jüngst eingegangenes Arbeitsverhältnis schon bevor sie zum ersten Mal zur Arbeit erscheinen. Am ersten Arbeitstag denken darüber hinaus etwa 15 Prozent aller Neuen an Kündigung. Dieser Trend setzt sich auch während der ersten 100 Tage im Job fort. Softgarden fand in einer Umfrage heraus, dass in dieser Phase 11,6 Prozent der Befragten schon einmal gekündigt haben, 15,7 Prozent standen kurz davor. Dass dies zu einem grossen Teil auf schlechtes Onboarding zurückzuführen ist, zeigt die Umfrage ebenfalls. Als Grund für den Abbruch der Arbeitsbeziehung nannten Teilnehmer vor allem das Verhalten der Vorgesetzten, eine schlechte Einarbeitung oder falsche Versprechungen.

So ist es für 77,9 Prozent der Bewerber besonders wichtig, bis zum Arbeitsbeginn einen Arbeitsvertrag in den Händen zu halten. 55,8 Prozent priorisieren die Kontaktaufnahme durch den neuen Vorgesetzten und 54 Prozent die Teilnahme an einer zentralen Veranstaltung für Neue. In der Realität jedoch mussten 13,8 Prozent der Befragten auf ihren Vertrag warten. Der Chef meldete sich in weniger als der Hälfte der Fälle und an einer zentralen Einsteigerveranstaltung konnte nicht einmal jeder Zwanzigste teilnehmen. Was die Angebote des Arbeitgebers nach dem Jobantritt betrifft, so wünschen sich 63,9 Prozent der Arbeitnehmer einen persönlichen Ansprechpartner unter den Kollegen, 57,3 Prozent möchten am ersten Tag den Kollegen vorgestellt werden und 48,9 Prozent wollen einen konkreten Einarbeitungsplan. Praktisch jedoch wurde jeder vierte Neue den Kollegen nicht am ersten Tag vorgestellt, 42,7 Prozent erhielten keinen persönlichen Ansprechpartner genannt, zwei Drittel mussten auf einen konkreten Einarbeitungsplan verzichten. Die Teilnehmer der Umfrage berichten über „Verwirrung pur“, tagelanges Herumsitzen ohne eigentliche Aufgabe oder Führungskräfte, die die Neuen schlicht „vergessen“ haben.

Die Umfrage von Haufe bestätigt dies. Sie deckte auf, dass ein professioneller Onboarding-Prozess in Unternehmen nicht verbreitet ist. 90 Prozent der HR-Verantwortlichen haben kein eigenes Budget dafür zur Verfügung. Sie setzten im vergangenen Jahr mit dem Benennen eines Ansprechpartners und dem Organisieren von Einführungsveranstaltungen zunächst klassische Massnahmen ein. 43 Prozent suchten den Kontakt vor dem ersten Arbeitstag und 37 Prozent boten Unterstützung beim Umzug an. Führungskräfte zeigten sich etwas weniger kreativ. Sie setzten meist ausschliesslich auf klassische Mittel wie Einarbeitungsplan, regelmässige Feedbackgespräche sowie Zielvereinbarungen in der Probezeit. Massnahmen zur Netzwerkbildung oder sozialen Integration wurden nur selten genutzt.

Unterstützung und eine passende Strategie

Natürlich gibt es mittlerweile externe Unterstützung und Software-Lösungen für den Onboarding Prozess. Allerdings ersetzen diese keine Strategie. Wichtig ist es, die zum Unternehmen passenden Massnahmen auszuwählen. Dabei müssen alle Bestandteile des Onboarding-Prozesses in die richtige Reihenfolge und einen angemessenen Zeitrahmen gebracht werden. Ein Tipp der Studienautoren von Haufe: Je differenzierter die Prozesse in der Praxis gestaltet werden, desto erfolgreicher sind sie.

Erfolgsentscheidende Vorteile

Ausgefeiltes kann Onboarding eine schnelle Kündigung nicht immer verhindern, die Wahrscheinlichkeit aber in vielen Fällen deutlich verringern, wie Sebastian Wolking im Job- und Bewerbungsportal Karrierebibel darlegt. Das Unternehmen profitiert von motivierten, verbundenen Mitarbeitern, weniger Fehlern in der Anfangszeit sowie einer höheren Produktivität. Nicht zuletzt vermag Onboarding dazu beizutragen, dass Mitarbeiter zu Markenbotschaftern werden und das Unternehmen weiterempfehlen – ein wichtiges Instrument im Kampf um Talente und Kunden!

datum:

Autor: Jasmine Grabher