Viele haben in diesen Wochen Ferien – Zeit, um innezuhalten, den Blick aufs Ganze zu richten und andere Gedanken reifen zu lassen, für die im Kalender sonst keine Ressourcen eingeplant sind. Dabei können Bücher wertvolle und unterhaltsame Dienste leisten. Ein Tipp für Führungskräfte: „Gott ist ein Kreativer – kein Controller“ von Frank Dopheide, Gründer einer Purpose-Agentur und ehemaliger Sprecher der Geschäftsführung der Handelsblatt Media Group. Er hat das „Leben ausserhalb der Effizienzfalle“, der Devise „schneller, höher, weiter“, beleuchtet und das Betrachten der Wirtschaft auch mit der für Emotionen zuständigen Gehirnhälfte. Tatsächlich ist dies in der gegenwärtigen Ära äusserst wichtig.
Mit einem Blick in die Geschichte zeigt der Autor auf, wie es dazu kam, dass zahlreiche CFO und BWLer Geschäftsführerpositionen erklommen haben. Die Leser erfahren, auf welche Weise sie mit Logik sowie fehlender Perspektive auf Menschlichkeit einen Bereich nach dem anderen „optimiert“ und Gedankenarmut gefördert haben. Beurteilungsfehler bei der Stellenbesetzung begründeten ein „Managerkopierprogramm“: Nahezu alle Führungskräfte weisen den gleichen Lebenslauf auf, die gleichen beruflichen Stationen und tragen sogar die gleiche Kleidung – unabhängig vom Unternehmen, für das sie tätig seien. Ihre Effizienzpraktiken funktionierten im Industriezeitalter. Im gegenwärtigen Zeitalter von Innovation und Disruption werden sie jedoch „zu Bremsklötzen in der Entwicklung“. Denn das Unlogische bringe oft einen strategischen Vorteil, da die Konkurrenz das nicht erwarte.
Die Natur als Vorbild
Frank Dopheide rät, dass die Wirtschaft sich ein Beispiel am Naturgesetz der Mutation nehmen sollte. Dies begründet er mit der Tatsache, dass es sich bei vielen sinnvollen Erfindungen um Zufallsprodukte handelt – vom Teebeutel über Porzellan und Penicillin bis hin zu Post-its. Leser erhalten interessante Lektionen. Dazu gehört, dass, wenn es hart auf hart kommt, Resilienz die Effizienz um Längen schlägt und dass das Maximum nicht das Optimum ist. Eine besonders einprägsame Sentenz: „Die entscheidende Variable jeder Erfolgsformel ist der Mensch.“
Da nur allzu viele Führungskräfte dies nicht ausreichend berücksichtigt haben, kam es zur aktuellen Schieflage. Diese spiegelt sich in Problemen bei der Umsetzung der Digitalisierung, der Bewertung künstlicher Intelligenz und virtueller Führung während der Pandemie wider. Veränderungen fallen schwer, der Wandel gelingt nicht und vor allem junge Menschen verlassen die Unternehmen. Wer sich dort entdeckt, erhält Informationen, wie sich gegensteuern lässt.
Die passende Persönlichkeit für den Chefposten
Zunächst einmal jedoch verdeutlicht das Buch, dass es essenziell ist, die richtige Persönlichkeit für die jeweilige Stelle auszuwählen. Dafür wiederum gilt es, die Anforderungen zu kennen und separieren zu können. Treffend ist dargelegt, dass ein verengter Blick auf die fachlichen Fähigkeiten allein das wahre Kapital übersieht: das menschliche Vermögen, den Einfallsreichtum, Kampfgeist und sogar Humor, welche strukturelle Mangelerscheinungen ausgleichen können. Deshalb ist es wichtig, auch Aspekte zu berücksichtigen, die im Lebenslauf nicht genannt sind. Ressourcen werden nach Erkenntnis von Frank Dopheide immer fehlen. Der wirkungsvollste Weg, Mangel zu kompensieren, sei Einfallsreichtum.
Das Thema, dass Führung überwiegend männlich ist, wird ebenfalls aufgegriffen. Hier stellt das Buch dar, warum es besser läuft, wenn Frauen in die Führung einbezogen werden und dass Rollenbilder gesprengt werden müssen.
Die richtigen Aufgaben umsetzen
Darüber hinaus erfahren Führungskräfte, welchen Thematiken sie sich ebenfalls widmen sollten. So gelte es, den Sinn zu entdecken. Dieser lasse sich nicht in Zahlen beschreiben, sondern beantworte die Frage nach dem Wofür. Purpose berühre spürbar, ergebe für alle Beteiligten Sinn und die Vermittlung sei Chefsache.
Als „Königsdisziplin jeder Führungskraft“ bezeichnete Frank Dopheide die Kommunikation. Sie sei keine lästige Zwangsbeschäftigung und es gehe nicht um juristische Verklausulierung. Vielmehr bilde Kommunikation den „Transmissionsriemen, der die Welt in Bewegung setzt“. Leser erfahren, wie sie gelingt und dass es auf die richtigen Fragen ankommt.
Allem voran sollten Führungskräfte Menschlichkeit ins Spiel bringen, um Mitarbeiter zu begeistern. Dafür müssen sie Identifikationsfiguren sein, Vertrauensanker, Wertgaranten, Kommunikationsturbo und Talentmagnet. Um das zu erreichen, hat der Autor wichtige Schritte erläutert. Diese beginnen beim Etablieren von Sicherheit. Sie führen über die Wichtigkeit einer optimistischen Ungewissheit, die vor zu viel Routinen schützt und beinhalten Tipps wie die Zugehörigkeit zu stärken, Mitarbeiter wahrzunehmen, persönlich zu wachsen sowie sich fortzubilden. Nicht zuletzt münden sie in der Aufgabe, sich als Teil der Gemeinschaft zu begreifen und Menschen hinter einer Idee zu versammeln.
Ermutigung zum Wandel
Ein konkreter Vorgehensvorschlag zur Umsetzung des Wandels rundet das Werk ab. Die ersten To-dos lauten: die eigene Filterblase verlassen, sich mit Kunden, den Generationen X, Y und Z vernetzen, kritische Stimmen an sich heranlassen, auf das Bauchgefühl hören, dem Verstand folgen, das Herz in die Hand nehmen und in die neue Gedankenwelt eintauchen! Anschliessend gelte es, mit alten Vorstellungen zu brechen und die eigene Jobbeschreibung dahingehend zu ändern, dass Menschen zu führen und zum Wachsen zu bringen sind, mit der Kommunikation als verbindendes Element. Der Reihe nach sollten sich Vorgesetzte zu Vordenkern, Vorreitern und Vorbildern entwickeln. Sie sind aufgefordert, das Unerwartete zurückzuholen, das Unlogische, Spielerische und etwas Neues von Wert zu schaffen.
Mit einer Zusammenfassung in Form von zehn Geboten einer guten Führungskraft eröffnet das Buch einen Perspektivwechsel – mitten in der Komfortzone – um nach dem Urlaub mit neuen Ideen an die Arbeit zu gehen und den Wandel in Angriff zu nehmen. Damit dies praktisch gut funktioniert, unterstützen wir Sie gern bei der passenden Besetzung Ihrer Schlüsselpositionen.
datum:
Autor: Roger Nellen