Recruiting mit ChatGPT – auf das richtige Mass kommt es an

Auch Monate nach dem Launch prägen Diskussionen über ChatGPT das Geschehen in sozialen Netzwerken und viele Schlagzeilen. Es werden Argumente hervorgebracht, warum der Textgenerator revolutionär sein soll oder nicht, inwiefern er das Recruiting von Mitarbeitern verbessern oder dabei schaden kann. Experimente und Powerhacks, um mehr aus dem Tool herauszuholen, ergänzen das Bild. Doch was ist für Unternehmen wirklich wichtig zu wissen?

Zunächst einmal handelt es sich bei ChatGPT um einen Prototyp eines Chatbots, den das amerikanische Unternehmen OpenAI Ende vergangenen Jahres veröffentlicht hat und der auf künstlicher Intelligenz basiert. Er wurde speziell für die Erstellung von menschenähnlichen Texten und Gesprächen entwickelt, kann grosse Mengen verarbeiten sowie generieren. Dabei arbeitet ChatGPT kontextbezogen und ist somit eigenen Angaben zufolge ein Werkzeug für verschiedene Anwendungen – auch das Recruiting einschliesslich Executive Search.

Einsatzmöglichkeiten von ChatGPT
 

Um welche Anwendungen es sich dabei handelt, kann das Tool selbst aufführen. So gibt es an, beim Screening von Lebensläufen zu unterstützen. Dies geschehe durch das Suchen nach Schlüsselwörtern, Fähigkeiten oder Erfahrungen, die für eine bestimmte Position relevant seien. Ein zweites Einsatzgebiet: die Kandidatenprofilierung. ChatGPT könne Bewerbern Fragen stellen und ihre Antworten analysieren, um Personalverantwortlichen „ein besseres Verständnis für die Fähigkeiten, Erfahrungen und Persönlichkeitsmerkmale eines Bewerbers“ zu vermitteln. Zudem verfüge ChatGPT über die Fähigkeit, als Chatbot Bewerberfragen zu beantworten oder Interviews zu führen. Nicht zuletzt könne die Software als Teil eines Analyse-Tools Verhalten von Bewerbern vorhersagen helfen.

In verschiedenen Blogbeiträgen sind viele konkrete Einsatzmöglichkeiten beschrieben, etwa im Wollmilchsau-Blog. Ein Szenario: Unterstützung im Bereich Content, zum Beispiel um Ideen für die Gestaltung einer Karriereseite und von Recruiting-Kampagnen zu erhalten, Stellenanzeigen und Jobtitel zu formulieren. ChatGPT könne beim Erstellen von Leitfäden für Jobinterviews sowie Onboarding-Plänen helfen, E-Mails und Anfragen beantworten. Darüber hinaus kann ChatGPT Personalvermittler dabei unterstützen, Kandidaten zu erkennen, die ausschliesslich künstliche Intelligenz verwenden, um Lebensläufe und Anschreiben zu formulieren, so das Unternehmen Unleash.

KI mit beträchtlichen Schwächen


Ebenso wie das Potenzial haben sich die Defizite herumgesprochen. So benennt das Tool begrenzte oder unzureichende Datenqualität und damit unzulängliche Ergebnisse als nennenswerte Schwäche. Da ChatGPT ein Black-Box-Modell sei, könne es schwierig sein, die zugrunde liegenden Entscheidungsprozesse zu verstehen sowie zu überprüfen. Eine weitere Lücke: „Mangel an menschlicher Intuition“ oder Erfahrung. Dies führe möglicherweise zu fehlenden Faktoren wie emotionaler Intelligenz und kulturellem Fit. Auch sei ChatGPT weniger nützlich, wenn es um den Aufbau persönlicher Beziehungen zu Bewerbern gehe. Wollmilchsau warnt davor, ChatGPT-Output in der Kommunikation mit Kandidaten zu verwenden, da das schlecht für die Candidate Experience sei.

Edward F Barry, Area President des Human Resources Technology-Teams des Beratungsunternehmens Gallagher, wies auf „erhebliche Datenschutz- und Urheberrechtsrisiken“ hin. Hinzu kommt Potenzial für Voreingenommenheit, wenn die vorhandenen Daten Verzerrungen oder Vorurteile aufweisen. Die Entwickler von Develop Diverse haben herausgefunden, dass von ChatGPT geschriebene Stellenanzeigen fast doppelt so voreingenommen sind wie die von Menschen verfassten. Dies hat beträchtliche Folgen. Denn ein voreingenommenes Inserat beeinflusse nicht nur, „wer sich auf die Stelle bewirbt, sondern auch den daraus resultierenden Auswahlprozess.“ Oder wie im Unleash-Beitrag formuliert ist: Nur weil ein Dokument gut geschrieben sei, heisse das noch lange nicht, dass es funktioniere. So äusserte Edward F Barry Besorgnis über die uninformierte Nutzung von ChatGPT im Mainstream. Benutzer laufen nicht nur Gefahr, gegen Gesetze zu verstossen, sondern auch, wichtige Talente zu übersehen, indem sie die menschliche Komponente aus dem Einstellungsprozess herausnehmen und sich zu sehr auf Technologie verlassen.

Ein massvoller Ansatz ist erfolgsentscheidend


Seine Empfehlung: HR-Teams sollten die Entwicklung dieser künstlichen Intelligenz verfolgen und, wenn sie dazu bereit sind, kontrolliert sowie informiert experimentieren. Das bedeute, wenn beispielsweise die Stellenbeschreibungen nach Routine klingen, könne ChatGPT eine grossartige Alternative darstellen. Den wirklichen Vorteil werden Verantwortliche entdecken, wenn sie die Technologie verwenden, um die einzigartigen Wertversprechen der Unternehmen hervorzuheben. Sie sollten ihre Rekrutierungsprotokolle beibehalten und alle zusätzlichen Verfahren mit der Rechtsabteilung besprechen. Es geht darum, einen massvollen Ansatz zu wählen, um Risiken zu mindern und sicherzustellen, gut positioniert zu sein, um von künftigen neuen Entwicklungen zu profitieren, wie Alistair Dent, Chief Strategy Officer des Beratungsunternehmens Profusion, gegenüber Unleash sagte.

Develop Diverse zufolge sollten Verantwortliche vorsichtig sein, wenn sie künstliche Intelligenz für jede Art von Entscheidungsprozess verwenden. „Sie können ein komplexes menschliches Problem wie die Einstellung von Mathematik und Zahlen nicht reduzieren“. Dazu passt die Schlussfolgerung von ChatGPT: „Insgesamt kann ChatGPT bei der Rekrutierung neuer Mitarbeiter ein wertvolles Werkzeug sein, aber es sollte als Teil eines breiteren Rekrutierungsprozesses eingesetzt werden, der menschliche Erfahrung und Urteilsvermögen berücksichtigt.“ Die letztliche Entscheidung sollten immer Personalverantwortliche auf Basis einer umfassenden Bewertung aller relevanten Faktoren treffen. Dies gilt insbesondere für das Executive Search, das eine starke menschliche Komponente erfordert. Cliff Lehnen, Chefredakteur der Personalwirtschaft, bezeichnete Menschlichkeit als eine Superkraft. „Dort, wo wir denken und fühlen, spüren und gestalten, wo wir einander inspirieren, motivieren und begeistern, kommt die KI nicht mit.“ Die Technik habe ihre Stärken, der Mensch seine. Die Gefahr liege darin, die Kompetenzen zu vermengen oder zu verwechseln. Menschen mit Persönlichkeit werden also mehr denn je gebraucht. Gerne helfen wir Ihnen, diese zu finden und zu gewinnen.

Kontaktieren Sie uns!

datum:

Autor: Jasmine Grabher