Schnell und flexibel auf Kundenwünsche, eine schwankende Nachfrage und die Entwicklungen der Märkte zu reagieren, ist für agil aufgestellte Unternehmen ein kritischer Erfolgsfaktor. Die dazu passende skalierbare Personalplanung ist komplex. Eine neue Stelle zu schaffen und zu besetzen, benötigt einige Vorlaufzeit. Sind die Aufträge da, kann darauf nicht immer gewartet werden. Mit dem festen Stamm von Mitarbeitenden saisonale Auftragsspitzen und Sonderprojekte abzuwickeln kann schwerfallen. Mitunter leidet das Team unter Phasen starker Überforderung oder einzelne Mitarbeitende sind streckenweise nicht ausgelastet. Das sogenannte „Boreout“ drückt Stress aus, der durch Langeweile, ineffizientes Arbeiten oder Unterforderung entstehen kann.
Von Erntehelfern bis zu dem Einsatz zusätzlicher Kräfte bei Paketdiensten im Weihnachtsgeschäft wird in vielen Unternehmen mit Aushilfen gearbeitet. Wer bei temporär Mitarbeitenden nur Ungelernte vor Augen hat, unterschätzt das Potenzial flexibler Arbeitskräfte. Insbesondere für junge und schnell wachsende Unternehmen ist es kaum möglich, allein mit Festangestellten zu arbeiten.
Neben saisonalen Einsätzen und Interim-Management werden FlexWorker für Projekte und Spezialaufgaben eingesetzt. Dabei kann ihr Spezialwissen sowie der frische Blick von aussen der Organisation helfen. Ihre Ideen und Verbesserungsvorschläge finden laut der aktuellen Studie „HR-Today“ in 72 Prozent der befragten Firmen Gehör. Somit stärken FlexWorker auch die Innovation. Eines von vier befragten Unternehmen bietet seinen FlexWorkern sogar eine Aus- oder Weiterbildung an.
Zunächst gilt es die Gruppen von FlexWorkern zu unterscheiden, die bei Bedarf die Festangestellten in Schlüsselpositionen ergänzen.
Das Rahmenmodell von Oertig & Zölch differenziert neben dem Kernteam und dem Outsourcing ganzer Aufgabenbereiche weitere Gruppen:
Wer zur Internal FlexWorkforce zählt, ist fest angestellt. Das Unternehmen setzt diese Mitarbeitenden für wechselnde Aufgaben und zeitlich flexibel ein. Speziell für agile und schnell wachsende Unternehmen ist dieser Ansatz hilfreich. Die Mitarbeitenden profitieren von vielseitigen Erfahrungen, ohne dafür die Stelle wechseln zu müssen.
Noch nahe am Unternehmen, aber nicht mehr fest angestellt ist die Extended FlexWorkforce. Hierzu zählen beispielsweise ehemalige Mitarbeitende, die sich selbstständig gemacht haben, oder Pensionierte. Wer schon einmal im Unternehmen tätig war, kann nach kurzer Einarbeitung einsteigen und kennt bereits wichtige Ansprechpartner und die Prozesse.
Wie die Studie „Länger leben – länger arbeiten?“ von Swiss Life offenbarte, kann sich fast jeder über 55-Jährige in der Schweiz vorstellen, auch im Rentenalter weiter zu arbeiten. Schon heute bleibt bis zu einem Drittel der Bevölkerung über das ordentliche Rentenalter hinaus erwerbstätig, häufig in Teilzeit. Zwei von drei Pensionierten geben an, gerne noch zu arbeiten – sofern sie eine hohe Wertschätzung und ein gutes Betriebsklima erleben. Nur bei jedem vierten ist das Motiv finanzieller Zwang.
Zur Gruppe der „External FlexWorkforce“ zählen klassische Freelancer und weitere Mitarbeitende auf Zeit. Da sie Einblick in viele Unternehmen bekommen und oft in wechselnden Branchen tätig sind, eignen sich die temporär Mitarbeitenden als Impulsgeber für neue Ideen.
Die steigende Nachfrage nach Freelancern, temporär Mitarbeitenden und Crowdworkern führt dazu, dass mehr Menschen sich selbstständig machen. So hat sich im Zeitraum 2016 bis 2020 das Angebot an Co-Working-Centern vervierfacht. Laut einer Erhebung des Beratungsunternehmens Wüest Partner befanden sich 64 der 365 Anbieter im Jahr 2020 in Zürich. Längst finden sich diese flexiblen Büroräume für Selbstständige, Freiberufler und Start-ups nicht mehr nur in den Städten der Schweiz. Die Selbstständigen lockt häufig die freie Einteilung der Zeit und die Freiheit, Aufträge auszuwählen.
In der Pandemie haben viele Unternehmen mit flexibel einsetzbaren Kräften gearbeitet. 59 Prozent der Firmen mit höherer Auslastung im Lockdown profitieren laut „HR-Today“ von den FlexWorkern.
Nach der Pandemie wird sich zeigen, ob mancher Selbstständige in ein digital gut aufgestelltes Unternehmen zurückkehren möchte. Seit Homeoffice salonfähig geworden ist und flexible Arbeitszeiten Standard, unterscheiden sich Angestellte und Freelancer nicht mehr so stark in ihrem beruflichen Alltag.
Wer mit Flexworkern arbeitet, baut sich meist einen eigenen Pool an Externen auf – oder kooperiert vertrauensvoll und langfristig mit einer Personalvermittlung.
Damit die Suche nach FlexWorkern erfolgreich endet und ihre Integration gut gelingt, plant das Unternehmen die Zusammenarbeit strategisch. Idealerweise gibt es einen zentralen Ansprechpartner für die Arbeit mit Externen. Dazu zählt, dass die Arbeitgebermarke nicht nur auf das Recruiting abzielt, sondern auch auf die Ansprache der FlexWorker. An der passenden Strategie mangelt es vielen Unternehmen noch. So haben 85 Prozent der befragten Unternehmen ihr Arbeitgebermarketing bislang nicht auf FlexWorker ausgerichtet.
Kommunikation spielt eine wichtige Rolle im Umgang mit externen Mitarbeitenden. Dann kommt es schnell zur Frage: Soll die externe Workforce wie die eigenen Mitarbeitenden behandelt werden?
Dafür spricht, dass Menschen auf Augenhöhe besser kommunizieren und zusammenarbeiten. Zudem kann aus einer beschäftigten Befristung Externer eine Festanstellung werden. Wer schon als FlexWorker gut behandelt und integriert wurde, bewirbt sich eher auf eine Vakanz. Umgekehrt stellen Unternehmen leichter einen externen Mitarbeitenden auf Zeit ein, als eine neue feste Stelle zu schaffen. Über diesen Einsatz lernen sie den Mitarbeitenden kennen. Die Variante ist besonders für Quereinsteiger interessant, deren Lebenslauf nicht genau den Anforderungen entspricht, die aber hoch motiviert sind.
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