In den Chefetagen der Unternehmen in der Schweiz bahnt sich ein Generationenwechsel an. 55 Prozent der Unternehmer in KMU, die den grössten Teil der Firmen ausmachen, sind zwischen 50 und 65 Jahre alt, so die Studie „Unternehmensnachfolge in der Praxis – Herausforderung Generationenwechsel“ des Centers for Family Business der Universität St. Gallen sowie der Credit Suisse. Ein Fünftel plant, das Geschäft in den nächsten fünf Jahren zu übergeben. Somit stehen bis 2021 schätzungsweise 70.000 bis 80.000 Unternehmen vor einem Führungswechsel. Dieser Schritt ist mit vielen Herausforderungen verbunden, die sich mit guter Vorbereitung meistern lassen.
Wichtig zu wissen ist, dass die Folgegeneration deutlich langsamer wächst, als die gegenwärtigen Chefs in Pension gehen. Dadurch könnte es zu einem zunehmenden Mangel an potenziellen Nachfolgern kommen, so die Studie „Unternehmensnachfolge in der Praxis – Herausforderung Generationenwechsel“. Deshalb ist die rechtzeitige Planung der Übergabe von Führungs- und wichtigen Schlüsselpositionen ausschlaggebend für die Zukunftsfähigkeit des Betriebes. Ideal wäre, diesen Aspekt als festen Baustein, der einer permanenten Aufmerksamkeit bedarf, in die strategische Konzeption aufzunehmen. Immerhin stellt ein Generationenwechsel an der Firmenspitze der zitierten Studie zufolge einen komplexen Prozess dar, bei dem fast immer Emotionen im Spiel sind.
Solche emotionalen Aspekte sind ein Stolperstein bei der Regelung der Nachfolge, wie Prof. Dr. Gabrielle Wanzenried, Mitglied der Institutsleitung, Hochschule Luzern – Wirtschaft, Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ, in ihrem Papier „Nachfolge bei KMU aus Verkäufer und Käuferperspektive“ feststellt. Daneben nennt sie mehrere weitere Gründe für das Scheitern. Dazu zählen Schwierigkeiten bei der Finanzierung, divergierende Preisvorstellungen, unterschiedliche Auffassungen zur Unternehmenszukunft, fehlende fachliche Qualifikation und mangelnde persönliche Eignung. Auch sie kommt zu dem Schluss „Planung beginnt viele Jahre vor der Übergabe, und zwar im Kopf“.
Praktisch bedeutet dies, das Thema der Unternehmensnachfolge intern klar zu kommunizieren und rechtzeitig Spezialisten für sämtliche Bereiche in die betreffende Planung einzubinden. In diesem Zusammenhang sollten die aktuellen Stelleninhaber integriert werden. Sie verfügen über enorm grosses Potenzial, das Unternehmen, das oft ihr Lebenswerk ist, in eine erfolgreiche Zukunft zu überführen. Erhalten sie beispielsweise die Möglichkeit, ihre Nachfolger ins Netzwerk zu instruieren, können sie das Vertrauen, das sie geniessen, auf sie übertragen. Diese aktive Rolle vermittelt ihnen gleichzeitig Wertschätzung. In diesem Sinne leisten auch Angebote wie Workshops, inklusive der Familie, die den Mitarbeiter auf den neuen Lebensabschnitt nach der Pensionierung vorbereiten, gute Dienste. Themen wie Ernährung, Fitness, das Suchen von neuen Hobbys sowie eine gute Work-Life-Balance gehören ebenso zur Vorbereitung. Dadurch wird nicht nur der scheidende Mitarbeiter motiviert, seine Erfahrungen weiterzugeben, sondern der oder die Nachfolger erfahren ausserdem, dass sie in dem Unternehmen als Menschen wertgeschätzt werden. Ihre Bereitschaft sich zu engagieren, wächst.
Bei der Rekrutierung von Unternehmensnachfolgern und Topmanagern liegt grosses Potenzial unter anderem im Bereich des internen Aufbaus von Führungskräften brach. Wie Roger Nellen, Inhaber und Geschäftsführer der Nellen & Partner AG, im schulthess manager handbuch 2017 darlegt, sieht mehr als die Hälfte der Beschäftigten keine Aufstiegsmöglichkeiten in der eigenen Firma. Dabei stellt das frühe Binden und Entwickeln von Kadern einen möglichen Ansatz für eine erfolgreiche Nachfolgeplanung dar, wie eine Studie zur Zukunft der Executive Search von Dr. Joël Luc Cachelin, Gründer der Wissensfabrik, beschreibt. Darin schlägt er die verstärkte Zusammenarbeit mit Universitäten oder Fachhochschulen vor.
Ein weiterer Anknüpfungspunkt besteht der Studie „Unternehmensnachfolge in der Praxis – Herausforderung Generationenwechsel“ zufolge in der stärkeren Berücksichtigung von Frauen. Sie führen gegenwärtig nur knapp zehn Prozent aller KMU, in Verwaltungsräten und Geschäftsleitungen betrage der Frauenanteil etwa 20 Prozent. Die Schlussfolgerung: „Eine steigende Quote an Geschäftsleiterinnen könnte das kommende demografisch bedingte Ungleichgewicht zwischen (männlichen) Übergebern und (männlichen) Übernehmern möglicherweise etwas abfedern.“
Die einzelnen konkreten Wege, die Unternehmensnachfolge zu regeln, sind vielfältig. Die Palette reicht von der internen und externen Rekrutierung von Nachfolgern über ein Management-Buy-out, einen Unternehmenszusammenschluss und die Firmenübernahme bis hin zum Unternehmensverkauf. Welche Variante die beste Wahl ist, hängt von zahlreichen Faktoren ab, zu denen neben Emotionen und Personalstruktur auch finanzielle, steuerliche und rechtliche Belange sowie die Wettbewerbssituation zählen. Daher erfordern Entscheidung und Umsetzung vielseitiges, tiefes Hintergrundwissen.
Nur selten verfügt ein Unternehmen vollständig über dieses Know-how. Die Einbeziehung externer Spezialisten mit den notwendigen Kenntnissen und Routinen ist fast immer unumgänglich. Gemeinsam mit ihnen kann es sehr gut gelingen, das Thema der Unternehmensnachfolge ganzheitlich zu betrachten und zu regeln. Der wichtigste Rat lautet deshalb, diese so früh wie möglich zurate zu ziehen. Denn dann stehen umso mehr Möglichkeiten für die Gestaltung der Nachfolge offen.
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