Wie lassen sich Konflikte im virtuellen Raum vermeiden oder lösen?

Die Corona-Pandemie beschleunigt die Entwicklung hin zum mobilen und hybriden Arbeiten. Den Arbeitsort flexibel wählen zu können, hat für die meisten Menschen Vorteile. Videokonferenzen und Onlinechats ermöglichen einen engen Austausch. Zwischenmenschliche Konflikte machen auch vor dem digitalen Raum nicht Halt. Durch fehlende Signale der Körpersprache und Mimik kann es leichter zu Fehleinschätzungen kommen. Wie Haufe berichtet, gaben laut einer Umfrage von Owl Labs 70 Prozent der Befragten an, dass sie in Videokonferenzen bereits Missverständnisse erlebt haben.

Bleibt das physische Zusammentreffen aus, werden Probleme möglicherweise nicht gelöst, sondern nur ausgesessen.

Da sich ungelöste Konflikte negativ auf die Arbeitsatmosphäre niederschlagen, kann das zu (inneren) Kündigungen und einer niedrigeren Arbeitsproduktivität führen. Um das zu verhindern, reflektieren alle Mitarbeitenden idealerweise regelmässig ihr Verhalten. Wen etwas stört, der sollte es sachlich und in kleinem Kreis ansprechen.

Neben dieser Eigenverantwortung des Teams sind besonders die Führungskräfte gefragt. Sie geben mit ihrem Online-Verhalten ein gutes Beispiel und sorgen für geeignete Rahmenbedingungen beim Remote Work. Dazu gehört, Zeit und Raum zur Verfügung zu stellen, um Konflikte gar nicht erst entstehen zu lassen oder sie strukturiert anzugehen. Zudem kann es die Qualität der Diskussion in Onlinemeetings verbessern, wenn sie einen Moderator haben. Dabei muss es sich nicht zwingend um die Führungskraft selbst handeln.

Für die persönliche Begegnung sorgen - auch im virtuellen Raum

Damit ein offener Austausch zustande kommen kann, sollten sich die Mitarbeitenden in zwangloser Atmosphäre persönlich begegnen und kennenlernen. Was selbstverständlich klingt, ist nach zwei Jahren Pandemie nicht mehr die Regel. Daher ist es wichtig, dass Unternehmen regelmässig für Begegnungen bei Veranstaltungen vor Ort sorgen.

Doch auch im virtuellen Raum können Beziehungen aufgebaut und gepflegt werden. Oft wird die höhere Effizienz von Online-Meetings gelobt. Gerade deshalb ist es legitim, zu Beginn Zeit für den persönlichen Kontakt einzuplanen.

Bis im „echten“ Besprechungsraum alle auf ihrem Platz sitzen, kommt es meist automatisch zu einem informellen Austausch. Zudem treffen sich die Menschen in der Kantine oder der Kaffeeküche.

Als Ersatz für diesen spontanen Austausch können Check-in-Fragen zu Beginn eines Online-Meetings dienen. So fragt der Moderator zum Beispiel: „Was hast Du heute früh auf dem Weg zur Arbeit Neues entdeckt?“. Diese Frage tönt merkwürdig, da sich die meisten Menschen von zu Hause einwählen. Sie bewirkt aber, dass alle kurz innehalten und reflektieren, wie eigentlich ihre Morgenroutine aussieht. Schon ist für Gesprächsstoff gesorgt.

Die aufmerksame Moderation in virtuellen Meetings

Auch die kurze Umfrage als Eisbrecher kann ein guter Start in die informelle Gesprächsrunde sein. Dazu lassen sich Tools wie Mentimeter, Slido oder Forms nutzen.

So könnte eine Frage lauten: Wie gestaltest Du heute Dein Mittagessen im Homeoffice? Die Mitarbeitenden können eine der folgenden Antworten wählen.

  • Ich koche frisch.
  • Ich lasse mir das Essen liefern.
  • Ich habe am Wochenende im grossen Stil vorgekocht.
  • Ich bevorzuge die schnelle Lösung und esse ein Fertiggericht.

Danach tragen die Kollegen auf einer digitalen Pinnwand wie dem Miro- oder Mural-Board ihre Ideen zusammen, wie sich ein abwechslungsreicher Lunch gestalten lässt. Diese Online-Tools können die Teilnehmenden unkompliziert und ohne Registrierung nutzen.

Sanfte Regeln für effiziente Online-Meetings

Meetings haben online oft eine andere Dynamik als Besprechungen in Präsenz. Regeln verbindlich festzulegen, auf deren Einhaltung der Moderator achtet, kann Konflikten vorbeugen. Wer zu einem Online-Meeting einlädt, sollte zunächst prüfen, ob der Anlass überhaupt ein Meeting rechtfertigt. Vielleicht lässt sich die Frage durch ein oder zwei kurze Telefonate genauso gut oder gar effizienter beantworten.

Ausserdem kann es sinnvoll sein, feste Zeitfenster oder Wochentage für Meetings zu definieren. Die gründliche Vorbereitung und eine klare Agenda sind weitere wichtige Schritte. Um zu verhindern, dass manche nie ihr Bild einschalten, könnte es auch zu einem solchen Punkt eine verbindliche Absprache geben. Nebenher zu arbeiten sollte gleichfalls vermieden werden, da die Menschen dann nicht mehr richtig zuhören.

In einer grossen Runde und im Präsentationsmodus fällt es schwer, den Blickkontakt zu wahren. Da nur eine Person gleichzeitig sprechen kann, braucht es allenfalls mehrere Anläufe, um zu Wort zu kommen. Introvertierte Menschen lassen sich dadurch möglicherweise entmutigen und beteiligen sich weniger häufig am Gespräch.

Daher gilt es vorab zu klären, wie die Diskussion geführt wird. Eine Möglichkeit sind virtuelle Handzeichen, nach denen der Moderator die Kollegen aufruft. Das Vorgehen ist abhängig von der Gruppengrösse zu empfehlen.

Der Moderator oder ein Co-Moderator sollte darauf achten, dass die Redezeit gerecht verteilt wird. Als sogenannter Time Keeper kann derjenige eine Diskussion einfangen, abkürzen oder auf einen anderen Termin verschieben.

Werden die Inhalte visualisiert, sorgt dies oft für eine stärkere Konzentration der Teilnehmer und ein gemeinsames Verständnis. Auch das kann Konflikten vorbeugen, wenn alle das gleiche Informationslevel haben.

Die Pflege von Beziehungen, eine kluge Moderation sowie Zeit und Raum für klärende Gespräche sind die beste Garantie für einen virtuellen Raum ohne Konflikte.

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Autor: Nicole Schmidt