Sollten Arbeitnehmer ihren Jobwechsel auf Social Media ankündigen?

Auf der Videoplattform TikTok kam der Hashtag #quittok in zahlreichen Videos zum Einsatz und erfreut sich grosser Beliebtheit. Das Kofferwort setzt sich aus dem englischen Wort „quit“ (kündigen) und TikTok zusammen. Mit diesem Schlüsselbegriff kennzeichnen die Nutzer Videos, in denen sie ihren Jobwechsel verkünden.

Seine Kündigung öffentlich bekannt zu geben ist ein Trend, der auch auf Social-Media-Plattformen wie LinkedIn, XING, Instagram, Facebook oder Twitter verbreitet ist. Überraschend ist das nicht, schliesslich handelt es sich beim Stellenwechsel um ein wichtiges Lebensereignis. Trotzdem sollten Arbeitnehmer nicht vorschnell die digitale Öffentlichkeit suchen. Der Zeitpunkt des Postings sollte gut überlegt sein. Wer nach Abgabe der Kündigung sofort die Neuigkeit seinem Netzwerk verkündet, zeigt schlechten Stil und begeht dabei möglicherweise einen strategischen Fehler. Idealerweise werden zunächst die unmittelbaren Kolleginnen und Kollegen informiert sowie wichtige interne und externe Ansprechpartner.

Die Ankündigung kann dabei nüchtern und sachlich ausfallen und damit klassischen Rundmails zum Abschied ähneln. Manche Arbeitnehmer nutzen sie jedoch, um mit dem bisherigen Arbeitgeber abzurechnen.

Letzteres sollte gut überlegt sein. Die Redensart „Man sieht sich immer zweimal“ trifft auf die Arbeitswelt immer mehr zu. Das gilt besonders für übersichtliche Branchen, in denen sich frühere und künftige Vorgesetzte mit hoher Wahrscheinlichkeit kennen. Spätestens wenn das nächste Unternehmen nach Referenzen fragt, ist der Bewerber im Vorteil, der sich bis zum letzten Arbeitstag loyal und fair verhalten hat. Nach der Kündigung durchlaufen ausscheidende Mitarbeiter in vielen Unternehmen ein Offboarding, das auch Exit-Management genannt wird. Ein gut strukturierter Offboarding-Prozess in angenehmer Atmosphäre kann den Grundstein für eine potenzielle erneute Zusammenarbeit legen.

Bumerang-Mitarbeiter verabschieden sich meist mit Stil

Die wenigsten Menschen bleiben heute bis zum Renteneintritt bei einem Unternehmen. Häufige Wechsel sind nicht ungewöhnlich, besonders in den ersten Berufsjahren. Nicht selten möchten Unternehmen dann gute Mitarbeitende um jeden Preis halten. Mitunter setzen sich die Entscheider in Windeseile zusammen, um einen neuen Vertrag mit mehr Geld oder einem höheren Titel anzubieten. Wurde in der Zeit die Kündigung schon öffentlich gemacht, ist ein solches Angebot nicht mehr wahrscheinlich.

Doch auch die Rückkehr zu einem Ex-Arbeitgeber ist kein seltenes Phänomen. Eine bewährte Fachkraft erneut zu rekrutieren, ist im Idealfall für Arbeitnehmer und Unternehmen ein Gewinn. Der Arbeitgeber setzt auf einen Kandidaten, der sich bereits bewährt hat und nun mit frischem Fachwissen und neuer Erfahrung zurückkehrt. Die Rückkehr hat eine positive Aussenwirkung für das Unternehmen und die Einarbeitung kann schneller gehen, da derjenige die Strukturen, Produkte und wichtige Ansprechpartner kennt. Zudem stimmt der Cultural Fit, da der neue und zugleich ehemalige Mitarbeiter die Werte des Unternehmens kennt und mitträgt. Die Qualitäten der „Bumerang-Mitarbeiter“ sind bekannt, sodass der Auswahlprozess leichter fällt.

Wer mit frischem Wissen und neuer Erfahrung zurückkehrt, klettert oft schneller die Karriereleiter empor. Auch hat sich der frühere Arbeitgeber möglicherweise in der Zwischenzeit weiterentwickelt. Neue Produkte, Prozesse oder Standorte ermöglichen dann eine neue Perspektive.

Wer sich nach seiner Kündigung selbstständig macht, kehrt möglicherweise als Berater oder mit anderen Dienstleistungen zurück. Auch dann lässt sich der Kontakt leichter wieder beleben, wenn der Abschied stilvoll erfolgte. Für den Start in die Selbstständigkeit ist ein Social-Media-Beitrag hilfreich. Der ausscheidende Arbeitnehmer kann sich damit in seiner neuen Rolle positionieren.

Risiken und Chancen der öffentlichen Kritik in Social Media

Das Netz vergisst nichts. Wer mit einem unbedachten Post einmal „verbrannte Erde“ hinterlässt, dürfte es mit einer Wiedereinstellung schwer haben. Auch auf potenzielle künftige Vorgesetzte kann eine solche Generalabrechnung abschreckend wirken. Sie zeigt eine geringe Loyalität oder einen schwierigen Menschen, der sich schlecht in ein Team einfügt. Positiv betrachtet lässt sich zumindest klar erkennen, was für den Kandidaten wichtig ist. Meist geben die Abschiedsposts Hinweise darauf, was derjenige bei seinem bisherigen Arbeitgeber vermisst hat.

Für das betroffene Unternehmen mag die Kritik sogar etwas Positives haben. Die Geschäftsführung bekommt ehrliches Feedback dazu, was in ihrem Unternehmen möglicherweise schlecht läuft. Ähnlich der auf Arbeitgeberplattformen wie kununu öffentlich geäusserten Kritik empfiehlt es sich, angemessen zu reagieren. Statt verschnupft zu schweigen, könnte der Arbeitgeber ein vertrauliches Gespräch mit dem Geschäftsführer oder Personalleiter anbieten, sofern dieses nicht bereits erfolgte. Konkrete kritische oder möglicherweise falsche Aussagen können die Unternehmen auch direkt und öffentlich aufgreifen.

Mit der passenden Reaktion die Arbeitgebermarke stärken

Wer als Unternehmen berechtigte Kritik ernst nimmt und dabei authentisch kommuniziert, stärkt seine Arbeitgebermarke und kann bei dem Netzwerk des ausscheidenden Mitarbeiters positiv auffallen. In diesem können sich potenzielle Kandidaten finden. Letztlich kann im Unternehmen nicht alles schlecht gewesen sein, wenn der Mensch dort einige Jahre gearbeitet hat.

Das setzt voraus, dass die Kritik des scheidenden Mitarbeiters keine Grenze überschreitet. Fällt die Beschwerde zu extrem aus, kann es sich um eine Verletzung der Treuepflicht handeln, wenn der Mitarbeiter zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch im Unternehmen tätig ist.

Der psychologische Rezenzeffekt bewirkt, dass bei Menschen der letzte Eindruck eine besonders starke Wirkung hat. Daher kann ein Abgang mit schlechtem Stil viele Jahre guter Zusammenarbeit zunichtemachen. Deshalb könnte es die bessere Wahl sein, sich in Social Media erst aus der neuen Firma heraus zu Wort zu melden. Damit bekommt der Beitrag automatisch eine positivere Tonalität.

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Autor: Thomas Ritter