IT-Recruiting – nicht nur modern, sondern auch gefährlich

Zahlreiche Unternehmen modernisieren ihr Recruiting, indem sie neueste Technologien verwenden. Doch diese eröffnen nicht nur Chancen, sondern bergen auch Risiken. Eine von ihnen: Betrug während des Jobinterviews. Beispielsweise sind Fake Interviews as a Service dem Magazin Absatzwirtschaft zufolge ein neues Buzzword. Vor allem wenn es um Tech-Jobs geht, ist die Wahrscheinlichkeit, Schwindlern aufzusitzen, vergleichsweise hoch, wie das FBI im vergangenen Sommer warnte. Doch wovon genau ist die Rede? Warum ist insbesondere der IT-Bereich betroffen und wie können Unternehmen sich schützen?

Der Trend zu Remote Work und der Fachkräftemangel erfordern, dass Unternehmen stärker als bisher auf die Wünsche der Kandidaten eingehen, etwa nach dem Arbeiten von zu Hause aus oder unterwegs und die Nutzung modernster Technologien. Das gilt vor allem für den Tech-Sektor. Immerhin haben IT-Experten auf dem Schweizer Arbeitsmarkt besonders gute Karten, wie eine Studie der Karriereplattform LinkedIn zeigte. Unter den zehn gefragtesten Jobs sind gleich sieben Berufsbilder aus der Informatik zu finden. Im Wettkampf um die Talente hinzu kommt die Angst, „die besten Kandidaten zu verpassen, nicht schnell genug zu wachsen und nicht genug ‚Rockstars‘ im Team zu haben“, wie Vadim Kravcenko, CTO der Digitalagentur mindnow, erläuterte. So setzen immer mehr Unternehmen auf Remote Recruiting. Das Kennenlernen und die Einstellungsgespräche erfolgen über Videokonferenzlösungen wie Microsoft Teams, Zoom oder Google Meet. Ein persönliches Treffen findet nicht statt. Dadurch sparen Unternehmen jede Menge Aufwand – doch nicht nur sie.

Was Interview-Betrüger erreichen können

Auch für Betrüger vereinfachen sich die Möglichkeiten. Und davon gibt es einige, denn die Motivationen sind vielfältig. Einige Bewerber, die glauben, sich persönlich nicht optimal verkaufen zu können, beauftragen eloquentere Personen, um an ihrer Stelle am Jobinterview teilzunehmen. Wer einen besser bezahlten Job ergattern will, kann gar höher qualifizierte „Vertreter“ ins Online-Meeting schicken. Oft lassen diese ihre Kamera bewusst ausgeschaltet, wobei sie Ausreden wie eine schlechte Datenverbindung oder das Fehlen einer Webcam benutzen. Die Entscheider im Unternehmen bemerken nicht, dass sie es nicht mit dem realen Bewerber zu tun haben. „Oft fliegen der Schwindel – und die Unfähigkeit der neuen Mitarbeitenden – tatsächlich erst nach einigen gemeinsamen Arbeitsmonaten auf“, so das Magazin Absatzwirtschaft. Dass dies nicht weit hergeholt ist, hat auch Vadim Kravcenko beschrieben, dessen Unternehmen einen vermeintlichen Softwareentwickler aus Polen eingestellt hatte, der sich jedoch als Entwicklerteam in China entpuppte. Weitere Beispiele sind auf der Social News Website HN zu finden.

In schlimmeren Fällen reicht der Betrug so weit, dass die Identität von Personen gestohlen wird, um diese nachzuahmen und sich auf Jobs zu bewerben. Davor hat das FBI gewarnt. Immerhin haben es Betrüger oft aus bestimmten Gründen auf die offene Stelle abgesehen. So können sie Tools entwickeln wollen, um sie in noch grösserem Umfang einsetzen zu können oder sie möchten Zugriff auf Daten von Kunden, Finanzdaten, IT-Datenbanken von Unternehmen und/oder geschützte Informationen. Start-ups und SaaS-Unternehmen seien am stärksten gefährdet. Aber auch Sicherheit, Gesundheitstechnologie und dergleichen zählen zu den risikoreichen Sektoren.

Selbst wenn nicht der schlimmste Fall eintritt und keine Daten gestohlen werden, haben Fake Interviews negative Folgen. „Eine schlechte Einstellung kostet Sie so viel mehr als nur das Geld, das Sie dafür verschwendet haben“, schrieb Vadim Kravcenko. Dazu zählen die Nerven für die Auseinandersetzung. Zudem werden das Team, das auf einen solchen Vorfall hin die Eignung der verantwortlichen Führungskräfte für die Einstellung einer solchen Person infrage stelle, und die Gesamtnettoproduktivität des Unternehmens darunter leiden.

Keine Chance für Interview Scammer

Doch Verantwortliche können sich schützen. Das Wichtigste ist die Awareness, sprich: das Bewusstsein, dass Remote Recruiting auch Gefahren birgt und um welche es sich dabei handelt. Dann lässt sich ihnen vorbeugen. Dafür nannte Vadim Kravcenko einige Tipps. Ein sehr wichtiger, auch wenn er Konsequenz erfordert, ist, bei schlechter Gesprächs- beziehungsweise Videoqualität um einen neuen Termin für das Meeting zu bitten. Ein seriöser Kandidat sollte kein Problem damit haben. Treten Verzögerungen auf oder bemerken die Interviewer eine Art Ablenkung beim Kandidaten, als würde er etwas hören oder lesen, insbesondere, wenn er Fragen beantwortet, sollten sie ihren Eindrücken nachgehen.

Darüber hinaus sei Vorsicht bei Zertifikaten geboten. Unternehmen sollten besser die praktische Erfahrung der Bewerber prüfen. Sein Unternehmen versuche immer, „tief in die Technologien einzutauchen, die die Kandidaten auflisten, um herauszufinden, ob es Widersprüche in ihren Geschichten gibt“, und bitte um Beispiele aus der Praxis. Dennoch bestehe beim ausschliesslichen Remote Recruiting stets die Gefahr, dass es sich um Betrüger handele. Deshalb seien persönliche Interviews „immer noch der König“. Der beste Fall, selbst in einem Remote-First-Unternehmen, bestehe darin, die Person in eine Stadt zu fliegen, in der sie ihre zukünftigen Teammitglieder treffen und mit ihnen über Technologie sprechen könne.

All diese Massnahmen kosten ohne Frage Geld, Zeit und erfordern Fachwissen. Dies lässt sich durch den alleinigen Einsatz von Technologie nicht umgehen. Jedoch gibt es externe Partner, die sich auf professionelles Executive Search spezialisiert haben und wissen, wie Unternehmen die gefragten Experten gewinnen können – ohne das Risiko, von Betrügern getäuscht zu werden. Gerne unterstützen wir Sie.

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Autor: Dragan Popovic