Das neue Büro als Ort der Kommunikation und Innovation

Flexible und hybride Arbeitsmodelle haben durch COVID-19 Auftrieb bekommen. Viele Arbeitnehmende erkennen, dass sie am häuslichen Arbeitsplatz genauso effizient und kreativ arbeiten können wie im Büro. Werden sie durch Lockerungen oder nach dem Ende der Corona-Pandemie zurück ins Büro geholt, stösst dieser Zwang oft auf Unverständnis.

Auch Arbeitssuchende achten darauf, was ihr potenzieller Arbeitgeber zum flexiblen Arbeiten verspricht. Ausschliesslich vor Ort im Büro möchten immer weniger Angestellte arbeiten.

XING hat das Marktforschungsinstitut marketagent mit einer Online-Befragung beauftragt. Für die Studie befragten sie 2000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Schweiz, Österreich und Deutschland.

Dabei zeigte sich die Bereitschaft gering, für eine neue Stelle umzuziehen oder eine weite tägliche Anreise in Kauf zu nehmen. Jeder fünfte Jobsuchende beschränkt sich laut der Umfrage auf den eigenen Wohnort. Dafür gibt es vielfältige Gründe wie die Angst vor sozialer Isolation oder Nachteile für das Familienleben.

Allerdings sind 45 Prozent der Befragten bereit, einen längeren Anfahrtsweg zur Arbeit zu akzeptieren. Das setzt voraus, dass das Unternehmen ihnen die Tätigkeit im Home Office ermöglicht. Wer an drei Tagen Pendelzeit durch die Arbeit zu Hause spart, nimmt in der verbleibenden Zeit eine längere Fahrt mit Zug oder Auto in Kauf.

Wie sieht das Büro der Zukunft aus?

Durch das Interesse am mobilen Arbeiten fangen die ersten Unternehmen in der Schweiz an, ihre Büros neu zu gestalten. Arbeitet nicht mehr jeder an jedem Arbeitstag vor Ort, kann es sinnvoll sein, Schreibtische zu teilen. Manche Unternehmen setzen auf Konzepte des New Work und bieten verschiedene Bereiche an. Dazu können Gruppenarbeitsplätze und Begegnungszonen zählen sowie Rückzugs- und Ruhebereiche oder klassische Besprechungsräume. Damit können die Mitarbeitenden für ihre aktuellen Aufgaben entscheiden, in welcher Zone sie diese erledigen. An manchen Tagen möchten sie auch lieber konzentriert von zu Hause arbeiten.

Unternehmen müssen ihre Räume attraktiv gestalten, um den Mitarbeitenden einen Mehrwert gegenüber der mobilen Arbeit zu bieten. Dabei wird das Büro mehr und mehr zum Zentrum der Kommunikation und des kollaborativen Arbeitens und Lernens. Klassische Einzelbüros werden häufig abgebaut. Das Büro als Ort der Begegnung kann ein Gefühl der Zusammengehörigkeit stiften. Auch die Unternehmenskultur lässt sich aus der Ferne schwerer aufbauen oder verändern. Zu guter Letzt kann die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit zu mehr Austausch und Innovation führen.

Geteilte Arbeitsplätze und voll flexibles Arbeiten

Die „Schweiz am Wochenende“ hat zwanzig der grössten schweizerischen Unternehmen zu ihren Plänen befragt. Insgesamt 12 der 16 teilnehmenden Firmen planen künftig ein Desksharing. Dabei sollen nur noch für 75 bis 85 Prozent der Mitarbeitenden Arbeitsplätze im Büro zur Verfügung stehen. Von den zwölf Grossunternehmen, die ein Desksharing planen, wollen 42 Prozent ihre Büros umbauen. So möchte die Versicherungsgesellschaft CSS durch Anpassungen in Bau und Infrastruktur künftig eine mobile und flexible Art des Arbeitens ermöglichen.

Novartis hatte vergleichbare Projekte schon vor COVID-19 begonnen. Die in der Pandemie gesammelten Erfahrungen sollen nun in die Planung einfliessen. Der Pharmakonzern befragte seine Mitarbeitenden, wie sie künftig arbeiten möchten. Dabei zeigte sich, dass sie überwiegend die flexible Aufteilung von Präsenzphasen und mobilem Arbeiten präferieren. Ihnen schwebt ein Modell mit zwei bis drei Tagen Büro und den anderen Tagen zu Hause oder anderweitig mobil vor. Schon 2020 verkündete Novartis, dass seine Mitarbeitenden künftig von zu Hause arbeiten können. In Absprache mit dem Vorgesetzten können sie unter dem Motto „Choice with responsibility“ ganz oder zum Teil im Home Office arbeiten.

Die schweizerischen Grossbanken erklärten in einer Umfrage der NZZ, dass sie das hybride Arbeiten ermöglichen wollen. Dabei beeinflussen die jeweilige Aufgabe und Rolle der Mitarbeitenden sowie deren Standort die Entscheidung.

Der Versicherungskonzern Zurich hat für seinen neuen Hauptsitz die Rahmenbedingungen bereits definiert. Demnach würden künftig Mitarbeitende in Vollzeit an drei Tagen im Büro und die anderen Tage mobil arbeiten. Trotz dieser reduzierten Anwesenheit plant Zurich noch nicht mit weniger Präsenzarbeitsplätzen. Das hängt damit zusammen, dass künftig weniger geschäftliche Reisen erwartet werden.

Flächen neu gestalten und dem Fachkräftemangel begegnen

Unternehmen wie Nestlé oder SwissLife setzten schon vor COVID-19 auf Home Office und flexibles Arbeiten.

Viele andere Unternehmen warten zunächst noch ab und planen nicht unmittelbar, die Büros umzugestalten und deren Fläche zu reduzieren. In der neuen Arbeitswelt sind flexible und moderne Bereiche zudem gefragt.

Die Firmen wollen zunächst beobachten, wie sich die Arbeitswelt auf Dauer entwickelt. Ausserdem laufen die Mietverträge für Büros in der Schweiz meist bis zu zehn Jahre lang.

Je flexibler das Arbeitsmodell ausfällt, desto weniger Fläche kann das Unternehmen abbauen. Dürfen die Mitarbeitenden frei entscheiden, wann und wie oft sie vor Ort arbeiten möchten, kann es Tage mit stärkerer und schwächerer Auslastung geben.

Die UBS hat berechnet, dass ein Tag Home Office den Flächenbedarf nur um zwölf Prozent reduziert. Rechnerisch müssten es 20 Prozent sein. Bei den Kosten gilt es zu bedenken, dass immer mehr Unternehmen ihren Mitarbeitenden Pauschalen zahlen, damit sie sich zu Hause einen ergonomischen Arbeitsplatz einrichten können.

Gegen den Mangel an Fachkräften können hybride Modell hilfreich sein. Wer nur an zwei Tagen pro Woche vor Ort sein muss, braucht nicht umzuziehen. Somit wird ein Arbeitgeber attraktiv, insbesondere an Standorten ausserhalb der Ballungsräume.

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Autor: Thomas Ritter